Debatte um Präsenzunterricht für Kinder mit Behinderung

Anders als die meisten Schulen bleiben die Einrichtungen für Kinder mit Handicap geöffnet. Lehrer und Betreuer sehen sich dadurch besonderen Infektionsgefahren ausgesetzt. Das Kultusministerium begründet seine Entscheidung.

Trotz des verlängerten Corona-Lockdowns und fast flächendeckender Schulschließungen sollen Kinder mit Behinderung weiter vor Ort unterrichtet werden. Die sonderpädagogischen Bildungs- und Beratungszentren (SBBZ) mit den Förderschwerpunkten geistige Entwicklung und körperliche und motorische Entwicklung bleiben nach Angaben des Kultusministeriums geöffnet.

Lehrer und Betreuer machen in einer Petition aber auf die besonderen Umstände an den Einrichtungen aufmerksam und fordern, die Schulen an SBBZ nur dann zu öffnen, wenn der Gesundheitsschutz gewährleistet ist.

Das Ministerium betonte am Samstag die Bedeutung der Betreuung für die Kinder und verwies darauf, dass Eltern ihre Kinder nicht in die Zentren schicken müssten. Die Präsenzpflicht sei ausgesetzt.

„Die Einhaltung der Hygieneregeln gestaltet sich an unserer Schulart als fast unmöglich“, heißt es in dem öffentlichen Schreiben an Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU). Abstand zu Schülern zu halten, sei bei Pflegetätigkeiten wie Wickeln, Essen reichen und Anziehen unmöglich. „Im Gegensatz zu Pflegekräften im Krankenhaus, steht uns dafür aber keine entsprechende Schutzausrüstung zur Verfügung.“ Auch der Unterricht erfordere an vielen Stellen direkte, körpernahe Zuwendung. Viele Kinder könnten nur mit Hilfestellung Regeln beim Husten oder Niesen einhalten oder Hände waschen, wiederum aber keine Masken tragen, machten die Autoren deutlich.

„Am schwierigsten für uns ist es aber, dass unsere Schüler*innen zur Risikogruppe gehören“, hieß es weiter. Wegen Einschränkungen bei der Kommunikation könnten sie nur schwer von Krankheitssymptomen berichten und würden daher vermutlich erst deutlich später als andere Menschen zum Arzt gebracht oder getestet. „In der Impfstrategie wurde dies zum Glück bereits berücksichtigt und Menschen mit geistiger Behinderung werden bereits in Gruppe 2 geimpft.“

Die Ausnahmeregelung für die SBBZ scheine all dies aber außer Acht zu lassen. Daher würden dringend Schutzausrüstung und Schnelltests benötigt und die Möglichkeit, Wechselunterricht anzubieten, heißt es in der Petition. „Wir müssen so schnell wie möglich geimpft werden.“

Unterstützung kam aus den Landtagsfraktionen der SPD und FDP. „Diese Kinder und ihre Eltern fühlen sich komplett vergessen, die Lehrkräfte und Betreuer sowieso“, erklärte SPD-Fraktionschef Andreas Stoch. Sein liberaler Amtskollege Hans-Ulrich Rülke forderte unter anderem, Kinder und Lehrer an den SBBZ sollten bevorzugt geimpft werden.

Das Ministerium erklärte seine Entscheidung mit dem hohen Pflege- und Betreuungsbedarf der SBBZ-Schüler. „Bei einem Wegfall des Präsenzunterrichts stünden Eltern dieser Kinder vor enormen Herausforderungen, die sie in der Regel nicht alleine schultern können.“ Ein weiterer Grund für die Entscheidung sei gewesen, dass Kinder und Jugendliche mit einer Beeinträchtigung der geistigen oder motorisch-körperlichen Entwicklung noch einmal mehr als andere auf klare und regelmäßige Strukturen in ihrem Alltag angewiesen seien und ihnen das Wegfallen dieser Strukturen enorme Schwierigkeiten bereite.

Das Kultusministerium plant den Angaben zufolge, den SBBZ und den Schulkindergärten zu Beginn dieses Jahres noch einmal Schutzausrüstung zur Verfügung zu stellen, und steht dazu mit dem Sozialministerium in Kontakt. Die Einrichtungen hätten aber auch schon Hygieneartikel und Schutzausrüstung – wie FFP2-Masken, Einwegschutzkleidung und Einweghandschuhe – bekommen.

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