Umfrage in Baden-Württemberg: Schüler mit Behinderung leiden unter Corona-Situation

Kritik an Inklusion

Nach einer repräsentativen Umfrage unter Lehrern übt der Verband Bildung und Erziehung (VBE) scharfe Kritik: Die Inklusion an Schulen sei gescheitert, Schüler mit Förderbedarf seien in der Corona-Krise „vergessen worden“.

Durch die Corona-Krise werden nach einer Lehrer-Umfrage des Verbands Bildung und Erziehung (VBE) vor allem Schüler mit Behinderung benachteiligt. Die Hälfte der befragten Lehrkräfte gab an, die Schüler mit Förderbedarf in Baden-Württemberg seien während der Schulschließungen vergessen worden. „Die Kinder fallen im Fernunterricht schlichtweg durch“, sagte der VBE-Landesvorsitzende Gerhard Brand am Montag bei der Präsentation der Ergebnisse. Vor allem im Fernunterricht könnten Kinder, die aufgrund der Behinderung als Risikopatienten gelten, nicht passgenau betreut werden.

Nur 15 Prozent der Schulen im Land barrierefrei

Auch insgesamt zeichneten die befragten Lehrkräfte ein düsteres Bild der Inklusion im Land. Nur 15 Prozent der Schulen in Baden-Württemberg sind demzufolge vollständig barrierefrei.

Das ist nach Ansicht des Verbands der schlechteste Wert seit 2015. Mehr als die Hälfte der befragten Lehrkräfte hält die Inklusion grundsätzlich zwar für sinnvoll, aber nur 23 Prozent erachten den gemeinsamen Schulbesuch als „praktisch sinnvoll umsetzbar“.

Weiterhin Unterricht durch Sonderpädagogen

Außerdem: Für die Integration von Kindern mit Behinderung in den Regelunterricht seien die Klassen in Baden-Württemberg in der Regel viel zu groß. Dieses Problem, so Verbandschef Gerhard Brand, nehme immer weiter zu. Dazu komme, dass Lehrerinnen und Lehrer oftmals nicht ausreichend auf die Arbeit mit behinderten Kindern vorbereitet seien. So berichten die Hälfte der Befragten, dass es für ihre Aufgabe in einer Inklusionsklasse keine spezielle Vorbereitung gegeben habe.

Deswegen fordert der Bildungsverband, dass sonderpädagogische Zentren dringend erhalten bleiben und Schüler mit Behinderungen weiterhin vorwiegend von Sonderpädagogen unterrichtet werden müssten.

BW-Kultusministerin Eisenmann wehrt sich gegen Kritik

Es gebe in Sachen Inklusion noch viel zu tun, so die baden-württembergische Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU) in einer ersten Reaktion auf die Umfrage des VBE. Trotzdem gebe es bereits großflächige Unterstützung der Lehrkräfte durch das Land. So habe Baden-Württemberg seit 2015 über 1.000 zusätzliche Stellen für die Umsetzung der Inklusion geschaffen.

Gleichzeitig bezeichnete Eisenmann die mangelnde Barrierefreiheit an Schulen im Land als ernüchternd. Sie verwies jedoch darauf, dass die dafür zur Verfügung gestellten Gelder nicht komplett abgerufen worden seien. Hier müsse mit den Schulträgern nachjustiert werden.

500 Umfrage-Teilnehmer

An der Forsa-Umfrage waren 500 Lehrkräfte aus Baden-Württemberg beteiligt. Inklusion hat das Ziel, Kindern mit einer Behinderung die gleichberechtigte Teilhabe am gesellschaftlichen Leben zu ermöglichen.

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